Dass der Alltag als UnternehmerIn oder Führungskraft so einiges an Herausforderungen mit sich bringt, liegt in der Natur der Sache: Leadership findet per Definition außerhalb der Komfortzone statt.
Es gibt jedoch solche und solche Herausforderungen im Leadership: Nämlich die, denen man sich bewusst stellt, wie beispielsweise das Pitchen um einen Auftrag oder Investoren, eine Rede oder Präsentation vor großem oder ‚wichtigem‘ Publikum, die Risiko behaftete Einführung eines neuen Produktes, die Ausdehnung der Geschäftstätigkeit oder Ähnliches.
Darüber hinaus gibt es aber auch noch jene Angelegenheiten, die einen in erster Linie aufreiben, nerven oder frustrieren. Etwa, wenn die Mitarbeiter nicht das tun, was sie sollen oder nicht in der erwarteten Qualität. Wenn Geschäftspartner nicht liefern oder bezahlen und man sich herumstreiten muss. Oder wenn Produktmängel trotz umfangreichen Bemühungen nicht beseitigt werden können oder die Technik nicht tut, wie sie soll.
Heute wollen wir uns die zweite Kategorie einmal genauer anschauen. Nämlich diese Schwierigkeiten, die keiner will, aber jeder hat.
Ich benutze ganz bewusst den Begriff ‚Schwierigkeit‘, denn er impliziert schon, worum es geht:
‚Etwas, was der Verwirklichung eines Vorhabens o. Ä. im Wege steht und nicht ohne Weiteres zu bewältigen ist.‘ bzw. ‚Etwas, was für jemanden sehr unangenehm ist.‘ (Definition laut Duden).
Es sind diese meist unerwartet auftretenden Fehler, Ausfälle oder Verzögerungen, die den reibungslosen Ablauf erheblich stören und oftmals sehr viel Zeit und Nerven kosten.
Diese unbequemen Probleme sind meist so unerwünscht und lästig, dass wir sie einfach nur loshaben möchten, weil wir sie als völlig überflüssig betrachten. Dementsprechend begegnen wir ihnen mit innerer Ablehnung und Widerstand und der Einstellung: ‚Du (=das Problem) bist falsch und jemand (eine involvierte Person oder der liebe Gott) will mir etwas Böses‘.
Doch, wenn diese Schwierigkeiten so überflüssig und unnütz wären, wie wir denken, warum treten sie dann so penetrant immer wieder auf?
Übrigens bei JEDERMANN, egal, wie positiv man denkt oder wie hoch die eigene Schwingung ist. ;-)
Die Antwort ist genauso einfach wie unbequem: Sie sind eben alles andere als sinnlos!
Jedes dieser auftretenden Hindernisse kommt aus einem bestimmten Grund zu uns. Und zwar einem, der uns Gutes will.
Diese Gründe können sehr vielschichtig sein, deshalb gebe ich dir einige der aus meiner Erfahrung häufigsten als Gedankenanstoß mit:
Du versuchst, etwas zu erzwingen und läufst in die falsche Richtung.
Habe ich schon erwähnt, dass es unbequem wird? ;-)
An erste Stelle für die Kontrollettis unter uns. Manchmal setzen wir uns in den Kopf, etwas Bestimmtes haben oder erreichen zu müssen und sind fest davon überzeugt, dass es genau das jetzt unbedingt braucht: Eine bestimmte Marketingmaßnahme, einen neuen Mitarbeiter, die Veröffentlichung in einer bestimmten Zeitschrift, den Speaker Slot auf einem bestimmten Event, die spezielle Technik, von der gerade jeder schwärmt etc. Dann legen wir uns dafür ins Zeug und setzen alle Hebel in Bewegung, um genau das zu bekommen.
Von den ersten Rückschlägen lassen wir uns nicht aufhalten, so schnell geben wir schließlich nicht auf.
Doch wenn die Sache einfach nicht (rund) läuft, wir nur Absagen, keine Reaktionen oder unbrauchbare Angebote bekommen, ist es an der Zeit zum Umdenken. Möglicherweise hat dein süßer Verstand sich etwas in den Kopf gesetzt, was (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt) gar nicht dran ist.
Vielleicht funktioniert für dich eine ganz andere Form des Marketings als die, die du glaubst machen zu müssen? Vielleicht brauchst du keinen neuen Mitarbeiter, sondern dein bestehendes Team muss umstrukturiert und die Aufgabenliste bereinigt werden? Vielleicht klopfst du an der falschen Tür und wunderst dich, warum niemand aufmacht.
Wenn du merkst, dass etwas nicht in die gewünschte Richtung vorwärts geht, stelle dir Fragen wie:
Ist das (was du gerade anstrebst) wirklich genau das, was wir brauchen und brauchen wir es wirklich jetzt?
Ist das wirklich das Richtige für mich, uns, unser Unternehmen? Passt es wirklich zu uns?
Was braucht es wirklich, um XY zu erreichen? (über die Kunst, Fragen zu stellen, habe ich hier bereits geschrieben)
Ich selbst hatte kürzlich wieder mal so eine Situation, wo ich dachte, etwas unbedingt zu brauchen: Ich bildete mir ein, neue Signature-Fotos für meine Webseite und meinen gesamten Auftritt zu brauchen.
Trotz umfangreicher Recherche fand ich weder einen passenden Fotografen noch eine Location, die mich wirklich angesprochen hat. Als ich dann doch einen heißen Kandidaten für das Shooting gefunden hatte, stellte sich nach einigem Hin und Her heraus, dass er horrende Preise verlangte und dafür eine völlig unzureichende Vorbereitung bot.
Also habe ich die fixe Idee mit den neuen Fotos wieder fallen lassen und gehe jetzt mit den Alten. Bis mir die Gelegenheit für ein neues Shooting vor die Füße fällt. Es darf schließlich leicht gehen.
Du sollst Fähigkeiten entwickeln, die du für deinen weiteren Weg brauchst.
Wenn du zurückblickst, wo du vor fünf Jahren warst, wirst du unschwer erkennen, dass du dich seitdem sehr entwickelt und wichtige ‚Soft Skills‘ dazugelernt hast.
Den Begriff ‚Soft Skills‘ finde ich an dieser Stelle allerdings unzureichend, denn manchmal geht es zwar in der Tat um die Entfaltung von Verhandlungsgeschick, Eloquenz, Empathie oder konstruktivem Zuhören. Mindestens genauso wichtig sind aber die vermeintlich harten Skills wie die Fähigkeit, Grenzen zu setzen, auf den Tisch zu hauen, wenn es sein muss, oder für sich, das eigene Team oder das Unternehmen einzustehen und unbequem sein zu können.
Was auch immer es für dich zu lernen gilt: Diese Seiten an dir entwickelst du nicht, während du dir abends auf der Couch gemütlich eine Netflix Staffel reinziehst. Sie entstehen vielmehr durch Reibung in unbequemen Situationen, in denen du mit deinem bisherigen Repertoire nicht weitergekommen bist.
Wenn also etwas nicht flutscht, frage dich: Welche Leadership-Kompetenzen bin ich hier aufgerufen zu entwickeln?
Bist du solche Situationen bisher knallhart angegangen und bist Profi darin, lautstark auf den Tisch zu hauen? Dann geht es jetzt vielleicht darum, genauer zuzuhören oder die richtigen Fragen zu stellen.
Machst du ungerne Umstände und bist immer bemüht, geduldig und verständnisvoll zu sein? Dann bist du möglicherweise jetzt aufgefordert, mal nicht nett zu sein und dich vielleicht sogar unbeliebt zu machen, um dein Anliegen durchzusetzen.
Mit großer Wahrscheinlichkeit sollst du anders vorgehen, als du es normalerweise tun würdest.
Nur so lernst du, deine Führungsinstrumente immer feiner und feiner zu spielen. Als Leader musst du in der Lage sein, je nach Bedarf die richtige Saite in der richtigen Intensität anzuschlagen und flink und flexibel zwischen unterschiedlichen Klängen zu wechseln. Mal braucht es laut, klar und rigoros, ein anderes Mal zart, bedacht und geduldig. Übe dich darin, dir die gesamte Klaviatur zu eigen zu machen und immer virtuoser zu bespielen.
Das Außen spiegelt dir deine blinden Flecke.
Die Krönung der Unbequemlichkeit, ich weiß. Aber auch die höchste Kunst exzellenter Selbstführung.
Mit den blinden Flecken ist das eigentlich ganz einfach:
- Jeder hat sie. Du brauchst dich also nicht dafür zu schämen.
- Für andere sind sie meist sehr offensichtlich, was dann manchmal dazu führt, dass wir uns eben doch ein bisschen schämen, wenn wir sie dann endlich auch sehen können.
- Du brauchst dich nicht anstrengen, deine blinden Flecke auf Teufel komm raus ausfindig zu machen. Alles, was es braucht, ist die Bereitschaft hinzuschauen, wenn das Leben das Spotlight darauf richtet. Es zeigt dir zuverlässig immer genau den Fleck, den du jetzt betrachten und integrieren sollst, um noch ganzer zu werden.
Darüber, dass die erlebte Realität etwas mit unserem Innenleben zu tun hat, habe ich schon sehr viel geschrieben und gesprochen.
Kurz gesagt, geht es darum, dass das, was du in deinem Leben erfährst ein Spiegel deiner Gedanken, Gefühle und Emotionen ist.
In unserem Kontext wird es vor allem dann interessant, wenn bestimmte Vorkommnisse gehäuft auftreten. Wenn du also zum Beispiel wiederholt erlebst, dass
- Menschen dir Knüppel zwischen die Beine werfen oder in die Suppe spucken wollen.
- Du nicht bekommst, was versprochen (oder gar unterschrieben) wurde bzw. du gekauft hast.
- Du versetzt wirst oder Absagen bekommst.
- Du nicht gehört wirst oder dir über den Mund gefahren wird.
- Du dich auf Mitarbeiter oder Geschäftspartner nicht verlassen kannst und am Schluss die Suppe selbst auslöffeln musst.
- Dir Informationen vorenthalten werden oder man dich auflaufen lässt.
In solchen Situationen kannst du dich grün und blau ärgern oder dich gekränkt zurückziehen. Es wird dir immer wieder passieren, solange bis du die wirkliche Ursache erkennst und löst.
In den meisten Fällen zeigen dir solche Erfahrungen, dass du entweder entsprechende Glaubenssätze in dir trägst (‚Ich werde nicht gehört‘, ‚Die Menschen sind schlecht‘, ‚Auf niemanden ist Verlass‘ o.ä.) oder unvollendete Emotionen aus der Vergangenheit dadurch getriggert werden. Meist ist es eine Kombination aus beidem.
Wenn du dich also als HauptdarstellerIn in ‚Täglich grüßt das Murmeltier‘ wiederfindest, ist es höchste Zeit, die Verantwortung (nicht die Schuld!!) dafür zu dir zu nehmen und zu ergründen, was dein Außen dir spiegelt.
Was bleibt
Diese drei Beispiele umfassen die, meiner Erfahrung nach, häufigsten Gründe dafür, warum Dinge in unserem Leadership (aber natürlich auch im Leben allgemein) nicht so laufen, wie wir es gerne hätten. Die Liste ist aber nicht vollständig und im konkreten Fall bist du immer dazu aufgerufen, das jeweils spezifische Learning für dich daraus zu ziehen. Manchmal erkennt man das auch erst später mit etwas Abstand.
Worum es mir in erster Linie geht ist, deine Einstellung zu solchen ‚Schwierigkeiten‘ zu verändern.
Wenn du dich wegbewegst von der Ansicht, dass diese ‚Knüppel‘ schlecht, unnötig oder gar böse sind, hin zu der Möglichkeit, dass sie ein Geschenk für dich bereithalten, dann wirst du seeeehr viel mehr Leichtigkeit im Umgang damit bekommen.
Sie treten so oder so immer wieder auf und funken dir dazwischen. Wäre es da nicht clever, sich von vorneherein mit ihnen anzufreunden und sie neugierig zu begrüßen, wenn sich dir wieder einmal ein ‚Problem‘ vor die Füße wirft?
Eine Frage, die du immer anwenden kannst, lautet: Was ist richtig daran?
Herzlichst,
Carolin
(Dieser Artikel wurde ursprünglich im September 2019 veröffentlicht).